Zeitarbeit „bitte nicht verteufeln“

Zeitarbeit Berlin - Kritikern geht die jüngste Regulierung nicht weit genug. Dabei ist die
Branche besser als ihr Ruf und besonders für Hochqualifizierte interessant.

Für Zehntausende Zeitarbeiter schlägt im Oktober die Stunde der Wahrheit. Macht ihnen der Einsatzbetrieb ein Übernahmeangebot? 

Oder muss die Verleihfirma einen neuen Job für sie finden, weil die seit April 2017 geltende Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 

die Verleihdauer auf 18 Monate beschränkt?


Für Kritiker wie die IG Metall und Teile der SPD reicht die damalige Regulierung noch nicht aus,
um den Missbrauch der Zeitarbeit einzudämmen. Doch gibt es keinen Grund, das Instrument zu verteufeln. 

Zumindest von den Höherqualifizierten ist beim gegenwärtigen Beschäftigungsboom niemand
gezwungen, einen Job in der Zeitarbeit anzunehmen.


Viele hochbezahlte Ingenieure oder IT-Experten wollen sich gar nicht dauerhaft an einen Arbeitgeber binden, 

sind aber weit von „prekärer“ Beschäftigung entfernt, die Kritiker oft mit der Zeitarbeit verbinden.


Beschäftigungsmotor für Geflüchtete
Hinzu kommt: Die IG Metall und andere Gewerkschaften haben mit attraktiven
Zuschlagstarifverträgen selbst dazu beigetragen, Zeitarbeitern den Job
in den Autofabriken oder bei Maschinenbauern zu versüßen. Auch hier
zieht der Vorwurf „prekär“ also nur noch bedingt.


Bleibt die andere Hälfte der Beschäftigten, die sich mit Helferjobs
in der Zeitarbeit verdingt. Das Stellenangebot für Geringqualifizierte
schrumpft immer weiter, hier springt die Zeitarbeit in die Bresche. 

Für Geflüchtete ist die Branche Beschäftigungsmotor Nummer eins, 

ohne die Zeitarbeit fielen die Integrationserfolge deutlich geringer aus, als sie heute sind.


Ein eklatanter Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung ist nicht zu
erkennen. Zwar ist die Zahl der Zeitarbeiter 2017 erstmals über die
Millionengrenze gestiegen, doch folgt sie nur dem allgemeinen
Beschäftigungswachstum. Die Zuwachsrate ist gegenüber dem Vorjahr sogar
leicht gesunken.

Wer Zeitarbeit weiter verteufelt, tut weder den Zeitarbeitern noch
den Firmen einen Gefallen. Und er muss wissen: Beim Jobabbau im nächsten
Abschwung sind dann direkt die Stammbelegschaften dran.


Link (Handelsblatt)

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